Private Abwasserleitungen undicht?

 

Diese Tatsache nahmen verschiedene Fachverbände darunter Haus ! Grund NRW unter Federführung des Bauindustrieverbandes NRW, zum Anlass, Vertreter von Städten und Gemeinden aus NRW während einer Vortragsveranstaltung am 30. Juni, in der Messe Düsseldorf auf ihre Informationspflicht gegenüber den Bürgern hinzuweisen. Kommunen, die bereits Maßnahmen ergriffen haben, berichteten über ihre Erfahrungen. Die häufigste Schadensursache ist neben altersbedingten Schäden das Eindringen von Wurzeln oder durch Boden-senkungen hervorgerufene Brüche oder Muffenversätze. Dadurch versickern Abwässer und führen zur Grundwassergefährdung.

Die Grundstückeigentümer müssen feststellen lassen, ob ihr Privatanschluss (das Kanalstück zwischen Haus und Abwasserkanal) dicht ist. Diese Dichtheitsprüfung muss laut Landeswassergesetz von sachkundigen Tiefbauunternehmen oder Rohrreinigungs- oder Sanierungsfirmen durchgeführt werden. Sanierungsexperten empfehlen allerdings, schon jetzt diese Prüfung vornehmen zu lassen und nicht erst bis Ende 2015 zu warten. Die Eigentümer sollten diese Verpflichtung Ernst nehmen und bereits im Jahr 2009 mit den überprüfungen beginnen, empfehlen die Fachverbände. Denn bestehende Schäden verschlimmern sich mit der Zeit, was die notwendige Sanierung verteuert. Je näher der Stichtag 31.12.2015 rückt, desto mehr dürften wegen der steigenden Nachfrage auch die Preise für die Prüfung und die Sanierung steigen. Zum Ende der Frist könne mit erheblichen Ausführungsengpässen bei den Fachfirmen gerechnet werden. Bereits jetzt bieten unseriöse Firmen ihre Prüfdienste an. Die Gefahr, einem schwarzen Schaf in die Hände zu fallen, ist bei einem zu erwartenden Ausführungsstau ungleich größer, mahnten die Fachverbände die Eigentümer, besondere Vorsicht bei der Auftragsvergabe walten zu lassen.

Nur Fachfirmen beauftragen. Eine Dichtheitsprüfung sollte grundsätzlich ein zertifiziertes Unternehmen durchführen, denn es muss ein Dichtheitsnachweis ausgestellt werden, ähnlich dem Energiepass. Diesen Nachweis müssen die Eigentümer aufbewahren und auf Verlangen vorlegen. Diese Prüfung ist durch Fachfirmen schnell vorgenommen: Zunächst reinigt die Firma den Abwasserkanal und lässt eine ferngesteuerte Kamera zur optischen Inspektion durch den Kanal fahren. Schäden müssen auf einem Datenträger dokumentiert werden. Die Dichtigkeit kann im Zweifel auch mit Wasser oder Druckluft überprüft werden. Sollte die Prüfung eine Undichtigkeit der Leitung beweisen, sollten aus Gründen der Interessenkollision in keinem Falle die prüfende Firma mit der anschließenden Sanierung beauftragt werden!

Viele Kommunen zögern noch, ihre Bürger auf diese Pflicht aufmerksam zu machen. Grund könnten zum einen die Kommunalwahlen im August sein, aber auch die Tatsache, dass manche Städte ein seltsames Gebaren bei Sanierungen an den Tag legen, wie nachfolgende Fälle beweisen:

So ist es z.b. in Düsseldorf üblich, dass im Zuge der Erneuerung des Hauptkanals in der Altstadt Anwohner angeschrieben und aufgefordert wurden, ihren Kanal zu sanieren. In einem Schreiben teilte das Tiefbauamt mit, dass sich der Anschlusskanal für Mischwasser in einem optisch zufriedenstellenden Zustand befinden soll. Ferner wird mitgeteilt, dass zwar der Regenwasserkanal nicht inspiziert werden konnte, jedoch eingeleitetes Regenwasser im Hauptkanal ankommt. Dennoch wird gefordert, eine Kanalsanierung vorzunehmen, obwohl die Dichtheitsprüfung offensichtlich bestanden wurde. Grund dafür ist die Satzung über die Abwasserbeseitigung der Grundstücke in Düsseldorf. Dort wird in § 2 eine Lebenserwartung für verschiedene Ableitungsrohre definiert, die zwischen 40 und 120 Jahren liegt. Ist diese betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgelaufen, ist der Anschlussnehmer nach § 6a Abs. 1 der Satzung verpflichtet, eine Instandsetzung des gesamten Ableitungsrohres vorzunehmen. Damit kommt es nicht mehr auf eine tatsächliche Undichtigkeit des Kanals an, sondern allein auf das Alter des Kanals! In den vorliegenden Fällen führt die Instandsetzung je nach Art der Sanierung zu Kosten von mehreren 10.000,00 Euro!! Darüber hinaus ist in Düsseldorf festzustellen, dass nur 24 Firmen berechtigt sind, Instandsetzungsarbeiten an den Hausanschlüssen der Eigentümer durchzuführen.

Eine solche Fiktion der Undichtigkeit wegen des Alters eines Ableitungsrohres widerspricht allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen, wonach auf das Eigentum der Bürger nur bei Vorliegen von nachweisbaren sachlichen Gründen zugegriffen werden kann, ist unzulässig. Wird doch durch diese Fiktion die Prüfung der realen Situation konterkariert!. Ein dichtes Rohr, das aber nur aufgrund seines Alters undicht ist, kann nicht in einer annähernd verhältnismäßigen Weise die Sanierung der ableitenden Rohre für knapp 30.000,00 Euro rechtfertigen!

In Ratingen erhielt ein Eigentümer aufgrund der Sanierung des Hauptkanals die Mitteilung, dass der Schmutzwasserkanal undicht sei. Die Undichtigkeit besteht nach Auffassung der Stadt Ratingen deswegen, weil ein Versatz in den Muffen der Rohre von ca. 2,5 cm bzw. 2 cm festzustellen ist. Nach allgemeiner Ansicht liegt dabei noch kein Beweis einer Undichtigkeit vor. Es wurde eine Sanierung mittels Inliner (Sanierung ohne Aufgrabung der Leitung -grabenloses Verfahren) empfohlen und zur Auftragsvergabe auf die Liste der zugelassenen Firmen (nur 5 Stück!) verwiesen. Weiterhin teilte die Stadt mit, dass sie selbst entgegen dem Grundsatz der Satzung die Sanierung des Hausanschlusskanals im Zuge der Arbeiten am Hauptkanal mit beauftragt. Die Arbeiten wurden an eine Firma, die sich nicht (!) auf der von der Stadt Ratingen herausgegebenen Liste befindet, vergeben! Der Eigentümer erhielt auch gleich die Kostenaufstellung von ca. 3.300 Euro. Ein privat eingeholtes Angebot einer Fachfirma lag mit ca. 2.350 Euro um 52,8 Prozent erheblich günstiger: Kostenersparnis: ca. 1.000 Euro. Die Stadt Ratingen hält sich somit selbst nicht an die eigenen Vorgaben, wonach nur bestimmte Unternehmen die Arbeiten ausführen dürfen. Ratingen überlässt die Sanierung der Hausanschlüsse nicht den Eigentümern (so wie in der Satzung als Grundsatz vorgesehen), sondern will sie selber ausführen.

Angesichts derartiger Ungereimtheiten und der daraus resultierenden Verunsicherung vieler Eigentümer stellte Haus und Grund- Vorstand Ingo Apel In der abschließenden Podiumsdiskussion die Forderungen der Hauseigentümer auf:

- Wahlrecht der Eigentümer bei der Auftragsvergabe durch landesweite Zulassung aller kontrollierenden und sanierenden Unternehmen, die gemäß der neu erlassenen Verwaltungsvorschrift zu § 61a LWG NW ihre Sachkunde zur Durchführung der Dichtheitsprüfung von privaten Abwasserleitungen nachgewiesen haben.

- Es bedarf einer konkreten Definition des unbestimmten Rechtsbegriffs Undichtigkeit und keinesfalls der bloßen Fiktion einer Undichtigkeit wegen Alters des Ableitungsrohres.

- Es müssen landesweit einheitliche Qualitätsstandards für die Inliner-sanierung zur Schaffung von mehr Markt und Kostentransparenz eingeführt werden. Als Resultat der Vortragsveranstaltung verständigten sich die Experten aus Bauwirtschaft und Fachtechnischen Verbänden zusammen mit Haus und Grund NRW, auf bürgerfreundliche Grundsätze zur Umsetzung der gesetzlichen Regelung. Im Sinne eines Werterhalts oder Werterhöhung von Immobilien soll ein Entwässerungspass entsprechend dem Energieausweis beim Verkauf der Immobilie die ordnungsgemäße Instandhaltung der Hausanschlüsse nachweisen. Ein runder Tisch aus Vertretern von Kommunen, privaten Eigentümern, Versorgern und Bauwirtschaft soll sicherstellen, dass notwendige Sanierungs-maßnahmen bei öffentlichen und privaten Kanälen im Zusammenhang, und damit wirtschaftlicher umgesetzt werden. Auch die Qualitätsstandards der ausführenden Unternehmen sollen einheitlich bestimmt werden, damit der Eigentümer sicher sein kann, bei der Beauftragung solcher Fachfirmen qualifizierte und technisch einwandfreie Leistungen zu erhalten. Der Fürsorgepflicht der Kommunen ihren Bürgern gegenüber soll dadurch Rechnung getragen werden, dass über die Notwendigkeit einer zeitnahen Umsetzung der Dichtheitsprüfung und die Anforderungen an fachkundige Unternehmen informiert wird.

Notiz: Quelle: Haus und Grund

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